Neuenburg, 1. Oktober 2024. Während die Ampelkoalition ein Bürokratieentlastungsgesetz beschließt, wird die Wirtschaft mit weiteren völlig überflüssigen Verwaltungsaufgaben belastet. Nur eines von vielen Beispielen ist die neue Anzeigepflicht für Lebensmittelbedarfsgegenstände, die ohne nachvollziehbaren Zweck zu beträchtlichem Aufwand in den Betrieben führt. Angesichts struktureller Probleme und der gegenwärtigen Rezession müssen die Unternehmen als Rettungsmaßnahme einen Bürokratieboykott in Erwägung ziehen.
Am 1. Juli 2024 trat die Neufassung der Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV) in Kraft und mit ihr eine neue Registrierungspflicht für die Hersteller und Händler von Lebensmittelbedarfsgegenständen. Damit sind unter anderem Geschirr, Behälter und Verpackungen gemeint. Alle Betriebe, die mit diesen Produkten umgehen, sind unabhängig von ihrer Größe der Verordnung unterworfen. Bei mehreren Betriebsstätten muss jede einzeln ihre Produkte melden.
Riesenaufwand, keine Verbesserung
Diese Verordnung bringt keinerlei Verbesserung bei der Lebensmittelsicherheit, da die Hersteller solcher Waren bereits zuvor strengen gesetzlichen Pflichten unterlagen und die verwendeten Materialien ohnehin eine ausdrückliche Zulassung benötigen. Nun müssen aber auch Einzelhändler detaillierte Angaben über die Materialzusammensetzung der von ihnen angebotenen Teller, Obstschalen oder Getränkebehälter machen. Diese Meldung ist mit riesigem bürokratischen Aufwand verbunden, der sich mit jeder Betriebsstätte multipliziert.
„Ein Mehrwert für die Verbraucher ist hier nicht zu erkennen“, sagt Norbert Müller, Vorsitzender der Mittelstandsunion Breisgau-Hochschwarzwald. „Zudem werden die zuständigen Behörden jetzt wohl von einer Flut hochkomplizierter Meldungen überschwemmt wohlgemerkt auf Papier, denn eine elektronische Meldung ist unseres Wissens nicht vorgesehen! Während sie dann in 16 Landesämtern mit dem Ablegen beschäftigt sind, können die Lebensmittelexperten ihre eigentlichen Aufgaben natürlich nicht erfüllen.“
Deutsche Kontrollmanie versteckt sich hinter EU-Recht
Norbert Müller betont, dass es viele noch schlimmere Bürokratiemonster gibt, mit denen die Politik die Wirtschaft und insbesondere den Mittelstand belastet. Doch gerade an diesem Beispiel werde die Kontrollmanie der Ampelregierung in ihrer ganzen Sinnlosigkeit augenfällig.
Denn das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) begründet die Neufassung mit der Umsetzung von EU-Recht. Doch die angeführten EG-Verordnungen 1935/2004 und 2023/2006 fordern zum Beispiel für Händler keine ausdrückliche Meldepflicht und geben keineswegs die ausufernden Details der deutschen Verordnung vor. „Das ganze Gerede von der Entlastung soll nur davon ablenken, dass es bei uns mit der Bürokratie immer schlimmer wird“, befindet Norbert Müller. „Sie ist nicht der einzige Grund für die strukturelle Krise und die Rezession, in der sich unsere Wirtschaft befinden, aber sie trägt erheblich dazu bei. Inzwischen sind wir an dem Punkt angelangt, wo die Unternehmen als Notwehrmaßnahme über einen gezielten Bürokratieboykott nachdenken müssen. Die für den Einzelhandel völlig unsinnigen Regelungen der Bedarfsgegenständeverordnung drängen sich dafür geradezu auf.“